Kannenkunst

Es stehen voll Wasser zinnene Wannen
im Garten.
Daneben steh'n für Milch die Kannen
und warten,
dass mit Bildern sie bemalet werden
von Gras und Blumen, so dass Schafesherden
wieder und wieder dagegenrennen,
weil Schafesherden ständig pennen
und die Blumen und das Gras als Bilder nicht erkennen.

Da kommt die Malersfrau mit Farb' und Pinsel
in den Garten.
Am Ärmel schon ein Farbgerinnsel
will sie nun starten,
den Kannen Leben einzuhauchen,
die zum Milch hol'n niemand mehr will gebrauchen,
auf dass sie Gärten nun verschönen,
sich mit dem Dasein ohne Milch versöhnen.
Ich hoff', dass die Schafe sich daran gewöhnen.

Sehet, wie den Pinsel sie schwinget
draußen im Garten!
Wie auf Zinnblech ihre Kunst sie darbringet
mit zarten
Halmen vom Gras und von Blumen Blüten,
mit Ameisen und Käfern mit Hüten
und für den winterlich Sommer eine Sonne,
die Blume und Gras bescheinet mit Wonne.
Schaut! Sie bebildert gar die Regentonne!

„Nanu!”, spricht verwundert eins von den Schafen
auf dem Weg durch den Garten,
das einzige Wollschwein, das nicht geht im Schlafen -
es ist eins von den smarten
Tieren hier im Erdenreich -
„Ich dachte doch stets, dass Gras wäre weich.
Doch fühlt sich dies eher an als wie Kannen!”
Es runzelt' die Stirn und läuft dann vondannen
hin zu dem Wasser in den zinnenen Wannen.

Seinen Durst lôschend schaut das Schaf
nach den andern
Pullovertieren, die wie im Schlaf
durch den Garten wandern
und über die bemalten Kannen stolpern.
Selbst in China hört man es poltern.
Es verknoten sich die wollen Tiere,
aus der frischen Farben wird ein einzig Geschmiere
und das schlaue Schaf fällt vor Lachen auf alle Viere.

Die Moral: Manche Dinge sind nur Schein.
Und wenn man's erkennt, ist's auch schön, ein Schwein zu sein.

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